22. 09. 2016

In Monaco leben die Reichen und Schönen. Könnte man meinen. Aber ganz so einfach ist das nicht. Weshalb sollte man auch in eine Betonwüste ziehen, in der die Apartments teuer und oben drein noch hässlich sind?

OK. Die protzigen Schiffe im Yachthafen zeugen von Geld, aber die geschäftigen Menschen drum herum mit ihren eng sitzenden Anzügen und den adretten Kostümen sehen eher aus wie möchte gern Millionäre und nicht wie waschechte Bonzen und erst recht nicht wie alter Geldadel – zumindest nicht an diesem Tag. Es ist Bootsmesse. Und da heißt es natürlich mehr denn je: Wichtiger aussehen als man ist. Für mich ist das schade. Ich hätte zu gerne den Besitzer einer 100 Meter Yacht gesehen. Nun sind es eben die "Lakaien", die Makler und Schiffsbauer, die davon träumen, hier und jetzt den Deal ihres Lebens abzuschließen, während zugleich in einer Endlosschleife "Candle in the Wind" von Elton John aus den Boxen erklingt. Vielleicht soll es potenzielle Käufer in eine Art Trancezustand versetzen. Mir persönlich beschert es vor allem einen Ohrwurm, und ich beschließe woanders nach den Reichen und Schönen Ausschau zu halten - und zwar im legendären Kasino von Monte Carlo.

Ich habe mir in weiser Voraussicht das kurze Schwarze angezogen. Auf der Homepage des Kasinos steht, dass Alltagskleidung tagsüber erlaubt ist, aber wer will schon nach dem Sonnenbad mit Flipflops in eines der legendärsten Häuser der Welt? Das passt nicht. Genauso wenig, wie im Businessoutfit auf's Oktoberfest zu gehen.

Vor dem pompösen Kasino Eingang stehen ein weißer Lamborghini, der anscheinend einem saudischen Prinzen gehört. Davon zeugt die Aufschrift "Royal familiy of Saudi Arabia". Daneben parkt ein schwarzer Ferrari und ein Porsche. Kurz nach 20 Uhr fährt noch ein Royce Royce vor. "Hier bin ich richtig" denke ich mir und freue mich darauf, multi Millionären beim Zocken zuzusehen. Aus dem Royce Royce steigt ein südländisch aussehender Mann mit Jeanshose und grün-schwarz kariertem Schlabberhemd aus - ein etwas irritierender Anblick, aber mit ein wenig gutem Willen ließe sich das noch in die Schublade "Understatement" einordnen. Mit Highheels und leicht klopfendem Herzen geht`s nun die Treppe hinauf zum Türsteher. Der Mann in Uniform wirft einen kurzen Blick in meine Handtasche und lässt mich passieren. Ein Glück. Ich bin im großen Foyer und steuere entschlossen auf den Kassierer zu. Wer bis hierher gelangt – und das ist, wie ich jetzt merke, eigentlich jeder – darf nun für zehn Euro Eintritt die heiligen Hallen betreten, jene Räume, in denen so viele Stars schon ein und ausgegangen sind.
An den Wänden hängen pompöse Ölgemälde. Die schweren Kristallkronleuchter funkeln und versprühen einen Flair von Glamour und vergangenen Zeiten – eine Augenweide. Plötzlich stört eine Asiatin in Jeanslatzhose und Badeschlappen mein Blickfeld. Sie spielt Roulette. Und das an einem Tisch, an dem jeder für mindestens 100 Euro Chips gekauft haben muss – Geld, das besagte Asiatin lieber in ein neues Kleid hätte investieren sollen. Zum Glück gibt es auch einen Roulettetisch an dem kleinere Einsätze erlaubt sind. Ich setzte fünf Euro auf Rot. Die Kugel hält auf schwarz. Auch die nächsten Male. Mittlerweile habe ich 20 Euro verzockt, Zeit für einen zweiten Cocktail – wieder mit Blick auf die Asiatin. Ob sie mehr Glück hat als ich? Hat ihre Jeanslatzhose am Ende Einfluss auf den Lauf der Kugel? Oder ist Jeans vielmehr der Stoff, aus dem sich die Dresscode Gepflogenheiten ins Gegenteil verkehren und der Sittenverfall allmählich seinen Lauf nimmt? Und Neureiche die Regeln bestimmen, die jetzt gar keine mehr sind? Meine Euphorie verfliegt allmählich. Ich habe mich für eines der weltweit schönsten Kasinos ordentlich in Schale geschmissen und nun stehe mit meinen High Heels ziemlich doof da.
Ich beschließe die nächste Reise lieber nach München zu machen, zum legendären Oktoberfest. Dort zeigt Frau stolz das Holz vor der Hütten, gepuscht oder ungepuscht, und brezelt sich stilbewusst auf – die Brezeln stehen dort eben hoch im Kurs (kleiner Wortwitz). Und Reiche und Schöne gibt`s auf der Wiesn auch zu sehen – also prosit!